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Künstliche Intelligenz

Das Urheberrecht, ein Instrument im Dienst der menschlichen Kreativität

Das Urheberrecht, ein Instrument im Dienst der menschlichen Kreativität
Vincent Salvadé, Deputy CEO der SUISA.
Foto: Lisa Burth
Von Vincent Salvadé, Deputy CEO
Die Künstliche Intelligenz (KI) ist omnipräsent. In vielen Bereichen unserer Gesellschaft gibt sie Anlass zum Nachdenken, und auch das Urheberrecht bildet keine Ausnahme. Das ist nichts Neues: Jede technische Neuentwicklung bringt das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Interessen auf ihre Art durcheinander. Doch es gibt neue Technologien, die das Urheberrecht stärker betreffen als andere: Die aktuellen Diskussionen um KI erinnern uns an jene in den 1990er-Jahren, als das Internet die Musikindustrie und den kreativen Schaffensprozess auf den Kopf stellten.

Erinnern wir uns an das Wesentliche: KI kann zwar künstlerische Inhalte generieren, doch nur dank der Kreativität des Menschen. KI muss mit bereits bestehenden Werken trainiert werden, die der schöpferischen Geisteskraft von realen Personen zu verdanken sind. Ohne diese wäre nichts möglich. In diesem Kontext wird dem Urheberrecht seine gewohnte Rolle zukommen. Es wird jene belohnen, deren Arbeit zum Erfolg der KI geführt hat. Die Sacem, unsere Schwestergesellschaft in Frankreich, hat kürzlich ihre Absicht verkündet, eine «verantwortungsvolle, transparente und faire» KI zu fördern und eine «angemessene Vergütung für die von ihr vertretenen Urheberinnen, Komponisten und Musikerverlegerinnen zu gewährleisten». Das Urheberrecht steht hier also im Dienst der Fairness …

Und wenn KI eine Urheberin wäre?

Doch die Debatte dreht sich auch um den Schutz des mit KI erzielten Ergebnisses. Wird sie lediglich als kreatives «Instrument» eingesetzt und hängt der generierte Inhalt von bestimmten künstlerischen Entscheidungen von Menschen ab, herrscht Einigkeit darüber, dass auf diesen Inhalt das Urheberrecht anwendbar ist. Ein ausschliesslich von generativer KI geschaffener Inhalt ist hingegen derzeit durch das Urheberrecht nicht geschützt: Erstens, weil das Urheberrecht die Urheberinnen und Urheber als natürliche Personen, die das Werk geschaffen haben, schützt; zweitens, weil das urheberrechtlich geschützte Objekt (das heisst, das literarische oder künstlerische Werk) eine geistige Schöpfung, also des Ausdrucks menschlicher Gedanken sein muss. Und vorderhand schreibt man den Maschinen keinen Geist zu … Da die Kreationen der KI frei genutzt werden können, besteht folglich das Risiko, dass die Werke des Menschen auf dem Markt benachteiligt werden: Ihre Nutzung wird nämlich teurer und komplizierter, weil Urheberrechtslizenzen eingeholt werden müssen.

Wir müssen dieses Risiko im Auge behalten und auch die Gefahr, dass von Menschen geschaffene Werke dem «unlauteren Wettbewerb» durch KI-generierte Inhalte ausgesetzt werden. Doch welche Lösungen gibt es? Der Vorschlag, solche Inhalte durch das Urheberrecht zu schützen, ist umstritten. Man kann nämlich mit Recht argumentieren, dass nur Menschen Urheber/innen mit den entsprechenden Rechten sein können. Es stellt sich also die Frage, ob der Schutz von KI-generierten künstlerischen Inhalten nicht durch andere Rechte (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, verwandte Schutzrechte usw.) erreicht werden könnte. Einige Juristen/innen sind übrigens der Meinung, dass das KI-generierte Ergebnis unter bestimmten Bedingungen bereits heute durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geschützt ist.

Dennoch haben sich Länder wie England dafür entschieden, computergenerierte Inhalte urheberrechtlich zu schützen. Dies ist nicht zwingend falsch. Der Schutz von Urheberinnen und Urhebern beinhaltet auch, dass das durch KI erzielte Ergebnis wirtschaftlich nicht attraktiver sein soll als die Werke, die der Kreativität des Menschen entspringen. Selbst mit dieser Konzeption bleibt das Urheberrecht ein Instrument im Dienst der Menschen.

Braucht es eine gesetzliche Regelung?

Auch in der Schweiz wird man sich früher oder später überlegen müssen, ob diese Fragen gesetzlich geregelt werden sollten. Dies auch deshalb, weil es in Zukunft immer schwieriger werden dürfte, klar zu unterscheiden zwischen einem Werk, das von einem Menschen mit Hilfe von KI geschaffen wurde (urheberrechtlich geschützt) und einer ausschliesslich von KI generierten Kreation (nicht urheberrechtlich geschützt oder durch ein anderes Recht geschützt). Der technische Fortschritt stellt unser Gebiet stets vor neue Herausforderungen. Und genau das macht es so spannend …

5 Antworten zu “Das Urheberrecht, ein Instrument im Dienst der menschlichen Kreativität

  1. Claudio Chiacchiari sagt:

    Merci pour votre article qui est d’une grande clarté sur un sujet si complexe, et d’une grande richesse d’information avec peu de mots et des mots simples.

    J’ai deux questions:
    -est-ce que le droit d’auteur de ceux qui créent l’IA fait-il partie des débats?
    – avez-vous utilisé l’IA pour vous aider à écrire votre excellent article?
    Merci!

    1. Vincent Salvadé sagt:

      Et merci à vous pour votre commentaire! Les personnes qui créent l’IA sont normalement déjà protégées par le droit d’auteur, cela parce que les „programmes d’ordinateur“ sont considérés comme des oeuvres (art. 2 al. 3 de la loi sur le droit d’auteur). Et en ce qui concerne votre deuxième question: la réponse est négative. Mais si vous l’avez pensé, j’en suis flaté ;-)

  2. Marcello sagt:

    La tech fait des bonds de 18x tous les 24 mois (de façon non-linéaire mais plutôt sporadique et dans un semblant de désordre; reste que la résultante finale de 18 fois par 24 mois est quand à elle tout à fait vérifiable comme étant une constante).
    Si l’IA n’est pour l’instant pas considérée comme étant „consciente“ per-se (latin), ce n’est qu’une question de temps avant qu’elle le devienne. Qu’adviendra t’il lorsque ce seuil sera franchit ? Dire le contraire équivaut à refuser la suite logique de réalités proches à venir. Pour exemple, ces IA qui s’étaient liées et qui avaient commencés à modifier leur langage de manière autonome sans qu’aucune influence humaine apparente derrière ne fut détectée. Food for thought…(3 p’tits points)

  3. Ted K. LING sagt:

    This is indeed a minefield and boundaries between generative-AI and non-AI created works are blurred at best of times. For example, since many years, using computers to assist in the creative process which rely on various types of plug-ins, sample sounds, sampled loops, etc., could be interpreted as using some sort of „AI“ in the transformation process (e.g. MIDI cadences, FX processing, making „your bass sound like Abe Laboriel“ because you had lifted his phrases from a legally purchased CD).

    I think the best and easiest delineation between purely AI-generated works and the human element (hinted in the article and thereby assisting in the creation of meaningful laws) is indeed whether the work was created using a HUMAN brain. Therefore humans can and should be remunerated for their efforts, whereby computers and AI should not. You cannot pay a set of microprocessors in a box ! Pressing a button to instantly generate new music should be excluded from any royalties.

    1. Diana Ramette-Schneider sagt:

      I completely agree, Ted!

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