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Die Praxis der Online-Lizenzierung verlangt frühzeitiges Anmelden der Werke

Die Praxis der Online-Lizenzierung verlangt frühzeitiges Anmelden der Werke
Wer seine Musik über Online-Musikanbieter vertreibt, geht mit Vorteil nach folgendem Merksatz vor: Zuerst das Werk bei der SUISA anmelden, erst dann online veröffentlichen.
Foto: Anutr Yossundara / Shutterstock.com
Text von Andreas Wegelin und Manu Leuenberger
Der Online-Musikvertrieb eröffnet aus verkäuferischer Sicht enorme Möglichkeiten. Mit wenig Aufwand kann Musik innert Kürze einem weltweiten Publikum zugänglich gemacht werden. Dagegen ist die Abrechnung der Urheberrechtsvergütungen für Online-Nutzungen komplex, auch weil die Prozesse anders sind als bei Aufführungs- oder Senderechten. Der wichtigste Ratschlag lautet: Zuerst das Werk möglichst frühzeitig bei der SUISA anmelden, erst dann online veröffentlichen.

Im Internet macht der Handel vor Landesgrenzen keinen Halt. Insbesondere dann, wenn die Güter nicht physisch sondern rein digital vom Anbieter zum Kunden transportiert werden können – wie es bei Musik der Fall ist. Ein Online-Musikanbieter wie zum Beispiel Apple Music, Spotify oder Youtube bringt seine Produkte per Streaming oder Download auf direktem Weg zum Publikum: Zwischen der Plattform im Internet und den Abspielgeräten der Hörerinnen und Hörer passiert das Musikprodukt weder einen Zoll noch gibt es einen Zwischenhändler (vom Telekommunikationsanbieter des Internetzugangs einmal abgesehen).

Entscheidend an dieser Handelskette ist: Im Online-Musikvertrieb sind Gebietsbeschränkungen nicht nur für die Konsumentinnen und Konsumenten sondern auch bei der Lizenzierung der Urheberrechte weitgehend aufgehoben worden. Der Abrechnungsprozess unterscheidet sich grundlegend von der bisherigen Praxis im «Offline-Bereich», also bei Aufführungs- oder Senderechten oder bei der Lizenzierung von Tonträgern. Im Offline-Bereich lizenziert die SUISA nur das Territorium Schweiz und Fürstentum Liechtenstein, dafür aber für alle verwendeten Werke, auch jene von Mitgliedern unserer Schwestergesellschaften im Ausland. Durch Gegenseitigkeitsverträge kann sichergestellt werden, dass die Mitglieder der anderen Schwestergesellschaften den Anteil an in der Schweiz genutzten Werken erhalten. Dasselbe gilt natürlich auch umgekehrt: Wenn Werke von SUISA-Mitgliedern im Ausland aufgeführt werden, fordert die für das Gebiet verantwortliche Schwestergesellschaft die Vergütungen ein und leitet diese an die SUISA zur Verteilung an die Bezugsberechtigten weiter.

Im Online-Bereich funktioniert das anders. Diese andere Praxis hat sich etabliert seit der Empfehlung der EU-Wettbewerbskommission aus dem Jahr 2006, wonach bei der Verwertung von Urheberrechten online mehr Wettbewerb entstehen soll. Eine entsprechende EU-Richtlinie, die vor fünf Jahren beschlossen wurde, besagt, dass jeder Rechteinhaber für seine Online-Lizenzen wählen kann, ob er sie selbst vergeben möchte oder einen Partner wie eine Verwertungsgesellschaft seiner Wahl beauftragen will, diese europaweit (sogenannt paneuropäisch) wahrzunehmen.

SUISA seit 2012 mit Direktlizenzierung im Online-Bereich

Die grossen Musikverlage lassen schon seit 10 Jahren ihre Anteile an Werken grenzüberschreitend wahrnehmen. Diese Art der Lizenzierung wird Direktlizenzierung genannt. Konkret rechnen hierbei die Rechteinhaber, also die Verlage oder die Verwertungsgesellschaften, mit den «Digital Service Provider» (kurz: DSP) wie Apple Music, Spotify oder Youtube die Vergütungen für ihr Repertoire grenzüberschreitend direkt ab. Das bedeutet: Wenn Werke von SUISA-Mitgliedern auf den Plattformen der Online-Musikanbieter von Nutzern im Ausland angehört werden, fordert die SUISA die Vergütungen für diese Nutzungen direkt beim Anbieter ein. Zwischen dem Digital Service Provider und der SUISA gibt es also keinen «Zwischenhändler» mehr, wie er im herkömmlichen Offline-Bereich in Form der ausländischen Schwestergesellschaften vorhanden ist.

Viele Gesellschaften in Europa sind bereits übergegangen zu dieser Praxis der Direktlizenzierung der Werke ihrer Mitglieder weltweit. Die SUISA lizenziert seit 2012 bei einer stetig steigenden Zahl von Online-Musikanbietern die Rechte ihrer Mitglieder nicht nur für die Schweiz sondern grenzüberschreitend für weitere Territorien. Am Anfang waren das die europäischen Länder, seit 2018 kommen immer mehr Territorien auch ausserhalb Europas dazu. Mittlerweile vergibt die SUISA in der Regel weltweite Lizenzen an die DSP, mit den folgenden Ausnahmen: USA, Kanada, Südamerika, Nordkorea, Südkorea, Japan, Syrien und Australasien. Es ist aber geplant, in Zukunft auch in diese Territorien zu expandieren.

Direktlizenzierung hat in der Praxis zur Folge, dass die SUISA nur noch Lizenzrechnungen stellen kann für Werke, bei welchen sie die Dokumentation hat, da es jetzt auf die einzelnen Werkanteile ankommt, nicht mehr allein nur auf die Tatsache, dass eine Urheberin oder ein Urheber Mitglied der SUISA ist.

Trotzdem kommt es häufig vor, dass die Digital Service Provider von mehreren Gesellschaften Rechnung bekommen für Anteile am selben Werk, die am Ende zu sogenannten «overclaims» oder «underclaims» führen. Solche Über- oder Unter-(Rechts-)Ansprüche können entstehen, wenn zwischen den rechnungsstellenden Gesellschaften nicht klar ist, wer in welchen Territorium für welche Anteile an einem Werk die Vergütungen für ihre Auftraggeber beanspruchen kann. Auch kommt es zu «no claims», wenn gar keine Gesellschaft Rechnung stellt.

Das hat dazu geführt, dass die Anbieter den Rechteinhabern bei «overclaims» mehr als die vereinbarte Vergütung auszahlten, bei «underclaims» oder «no claims» zu wenig oder gar nichts. Es gibt auch Service Provider, die bei «overclaims» die Zahlung zurückhalten. Wenn also die Ansprüche aller rechnungsstellenden Gesellschaften für ein Werk zusammengerechnet über 100% ergeben, wird keine Vergütung entrichtet, solange nicht definiert ist, wer tatsächlich welchen Anteil fakturieren darf.

Abrechnungsprozess mit Online-Musikanbietern

Eine Arbeitsgruppe der Verwertungsgesellschaften, der Major-Verlage und der wichtigsten Online-Musikanbieter hat sich dem Problem angenommen und folgende Lösung vereinbart:

Die Rechnungsstellung gegenüber einem DSP läuft über mehrere Stufen. Die Verwertungsgesellschaft erhält vom Digital Service Provider die Nutzungsdaten zur Verfügung gestellt. Anhand dieser Nutzungsmeldungen, die jeweils eine Zeitperiode von einem oder drei Monate umfassen, wird dem Anbieter Rechnung gestellt für alle Werkanteile an Titeln, für welche die Gesellschaft die Nutzungsrechte eines Urhebers oder Verlegers hält. Stimmen die gestellten Rechnungen der verschiedenen Verwertungsgesellschaften bei einem Werktitel nicht überein, entstehen sogenannte «Disputes».

Die Gesellschaften haben 18 Monate Zeit, solche Anspruchskonflikte zu bereinigen. Innerhalb dieser Frist überprüft die SUISA die Daten der Nutzungsmeldungen ein weiteres Mal und vergleicht diese mit der aktualisierten SUISA-Werk-Dokumentation. Wenn bei diesem Suchlauf entsprechende neue Einträge zutage kommen, werden diese nachträglich in Rechnung gestellt. Was nach 18 Monaten nicht bereinigt ist, fällt in die sogenannten «Residuals»; das ist das Lizenzentgelt für Werkanteile, die nicht oder nicht vollständig in Rechnung gestellt wurden («underclaims» und «no claims»).

Die «Residuals», diese bei den DSP nicht beanspruchten Vergütungen aus «underclaims» und «no claims», werden von der SUISA als Zuschlag auf die in derselben Abrechnungsperiode genutzten Werke verteilt. Ein Werk, das nicht angemeldet war, konnte damit auch keinen Zuschlag erhalten.

Zuerst Werk anmelden, erst dann online veröffentlichen

Der wichtigste Ratschlag für SUISA-Mitglieder, die ihre Kompositionen über den Online-Musikvertrieb zugänglich machen, lautet: Zuerst das Werk möglichst frühzeitig bei der SUISA anmelden, erst dann die Veröffentlichung online vornehmen!

Wer nach diesem Merksatz vorgeht, schafft die Grundlage dafür, dass bei Online-Nutzungsmeldungen die Werke von Anfang an erkannt und den Digital Service Provider in Rechnung gestellt werden können. Der Abrechnungsprozess mit den Online-Musikanbietern kennt Fristen und die Aufmerksamkeit des Publikums im Internet ist häufig rasch verflogen. Bei zu später Registrierung von Werken besteht die Gefahr, dass dadurch Nutzungen nicht erfasst und Vergütungen nicht zugewiesen werden können.

Wenn die Werkanmeldung vor dem Erscheinen der ersten Aufnahme des Werks zum Streamen oder Downloaden erfolgt, kann die SUISA bereits von Beginn an bei den Digital Service Provider die Werkanteile geltend machen. Die Metadaten der Werkanmeldung sollten der einfachen automatischen Identifikation wegen genau gleich lauten, wie die Daten, welche dem DSP zu dem Werk vorliegen.

Metadaten sind zusätzliche Angaben und Informationen, die andere Daten genauer beschreiben. Dank solchen Zusatzangaben können bei Suchläufen durch grosse Datenmengen einzelne Elemente daraus besser bestimmt und somit gefunden werden. Zu einem musikalischen Werktitel gehören neben den üblichen Angaben zu Komponist, Textautor, Verlag etc. idealerweise auch die Informationen über den oder die Interpreten sowie allenfalls vorhandene alternative Werktitel von anderen Sprachfassungen als auch Remix-/Edit-Versionen, also zum Beispiel: «Songtitel – Radio Edit» oder «Songtitel – Extended Version». Vollständige und korrekte Metadaten sind von grossem Vorteil, wenn es darum geht, beim maschinellen Abgleich der Nutzungsmeldungen mit der Werkdatenbank eine Übereinstimmung zu finden.

Diese Voraussetzungen sind entscheidend, damit ein Werk in allen von der SUISA direkt lizenzierten Gebieten und bei allen von der SUISA direkt lizenzierten Online-Musikanbietern korrekt abgerechnet werden kann.

1 Antwort zu “Die Praxis der Online-Lizenzierung verlangt frühzeitiges Anmelden der Werke

  1. Claire Chalut sagt:

    Vous ne parlez que de „Apple Music“, „Spotify“ et „Youtube“ (cette dernière plateforme touche surtout la VIDEO et quid ? de „Soundcloud“ (destinée à l’audio). Qu’en est-il avec „Soundcloud“ ? (qui est beaucoup utilisé), avez-vous des relations avec eux ??? ET, comment ?? Merci de votre réponse.

    Autre remarque (qui n’a rien à voir avec cet article) : comment se fait-il que l’on ne retrouve pas les oeuvres déposées dans votre banque de données (souvent il est réponde „inconnu“ ou „pas trouvé“, etc.

    C. Chalout

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