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«Als Songwriter ist man eine Art einsamer Wolf»

«Als Songwriter ist man eine Art einsamer Wolf»
Neu bei der SUISA: Joanna Deborah Bussinger, die sich den Künstlernamen Debrah Scarlett gegeben hat.
Foto: Stian Foss
Text von Gastautor Markus Ganz
Debrah Scarlett war schon international bekannt, bevor sie Mitte März ihre Debüt-EP «DYS(U)TOPIA» veröffentlichte. Zuvor ist die norwegisch-schweizerische Musikerin der SUISA beigetreten.

«Ich halte den Ball lieber flach und hege nicht zu grosse Erwartungen an mich und andere», meint Joanna Deborah Bussinger, auf ihre Zukunftspläne angesprochen. Diese Vorsicht hat die 23-Jährige nicht zuletzt vor der Gefahr bewahrt, zu einem kurzfristigen Popstar zu werden, der die Kontrolle über seine Karriere abgeben muss. 2013 hatte die Tochter einer norwegischen Mutter und eines schweizerisch-italienischen Vaters an der norwegischen Version der Talentshow «The Voice» teilgenommen ‒ und war ins Halbfinale gekommen.

«Gewinnen wollte ich gar nicht», meint sie lächelnd, «denn sonst hätte ich mich problematischen Bedingungen unterwerfen müssen». Die dort gemachten Erfahrungen möchte sie allerdings ebenso wenig missen wie diejenigen von ihrer Teilnahme am Eurovision Song Contest 2015 für Norwegen, bei dem sie unter dem Künstlernamen Debrah Scarlett mit dem Duett-Partner Kjetil Mørland den achten Rang erreichte.

Neues ausprobieren

«Ich stelle mich eben gerne spannenden Gelegenheiten und Herausforderungen», erklärt Joanna Deborah Bussinger. «Auch wenn mir diese zunächst oft Angst machen, kann ich daraus fast immer etwas lernen.» Das gilt auch für ihr Pendeln zwischen der Schweiz und Norwegen. Sie wuchs in ihrer Geburtsstadt Basel auf und zog im Alter von sechs Jahren mit ihrer Mutter und den beiden Brüdern nach Norwegen. Im Alter von zehn Jahren entschied sie dann «auszuprobieren, wie es ist, mit dem Vater in Basel zu leben». Mit 21 Jahren zog sie wieder – «eher intuitiv» – nach Norwegen. «Es war ein Zeitpunkt, bei dem sehr viel offen war und mich nichts daran hinderte.»

Die Familie hat auch bezüglich der beruflichen Laufbahn eine grosse Rolle gespielt. «Meine Eltern haben mir immer gesagt: Wenn du etwas machen willst, dann mache es.» Prägend wirkte, dass Joanna Deborah Bussinger aus einer seit Generationen kunst- und musikliebhabenden Familie kommt: Die Mutter etwa malt und singt, der Vater spielt Klavier und schreibt Gedichte. «Ich wusste im Alter von etwa fünf Jahren noch nicht, dass ich Musikerin werden wollte, aber dass ich mich irgendwie ausdrücken muss, ob visuell oder musikalisch. Die Musik erwies sich für mich als natürlichstes Medium, als Mittel, um eine eigene Welt zu kreieren.»

Aus einem Gefühl heraus

Mit 15 Jahren begann Joanna Deborah Bussinger Piano zu spielen und Songs zu schreiben. Bald nahm sie Gesangsunterricht und besuchte in Basel neben dem Vorkurs der Hochschule für Gestaltung und Kunst auch den Vorkurs der Jazzschule. Zunehmend wurde sie selbst aktiv und sang etwa beim Projekt The Rumours mit. Vor allem aber wollte sie ihre eigene Musik entwickeln. Die Mitte März erschienene Debüt-EP «DYS(U)TOPIA» klingt trotz der vielen stilistischen Einflüsse bemerkenswert eigenständig und ausdrucksicher, wobei nicht nur der berückende Gesang, sondern auch die träumerische Stimmung auffällt.

Joanna Deborah Bussinger hat die meisten bisherigen Songs bei sich zuhause geschrieben, allein am Piano. «Aber ich arbeite seit neustem auch mit anderen Musikern zusammen. Es ist spannend etwas auszuprobieren, das man nicht alleine zuhause machen würde, denn als Songwriter ist man in der Regel eine Art einsamer Wolf.» Die meisten Songs entstünden aus einem Gefühl heraus, das im Raum stehe und für das sie eine Melodie suche. «Daraus ergibt sich meist ein Thema, und ich merke beim Schreiben bald, in welche Richtung es gehen soll.»

Auch in 40 Jahren noch!

Musik sei zu ihrer «Sprache» geworden, weil sie von klein auf mehrere Sprachen sprach und doch keine perfekt konnte. «Die Musik erlaubte mir, mich richtig auszudrücken.» Trotzdem schreibt sie auch Songtexte, ebenso feinsinnige wie nachdenkliche, die gesungen erst recht in einem nachhallen. Sie sind stets in Englisch gehalten, obwohl dies weder ihre Mutter- noch ihre Vater-Sprache ist. «Komischerweise fühlt es sich für mich besser an, persönliche Texte auf Englisch zu schreiben. Es verleiht dem Erzählten eine gewisse Distanz, als hätte ich es schon vor drei Jahren erlebt und würde nun darüber singen.»

Joanna Deborah Bussinger hofft, dass sich ihre Karriere kontinuierlich weiterentwickelt; sie arbeitet denn auch bereits an ihrem Debütalbum. «Ich versuche alles zu tun, was ich kann, und dies tun auch alle in meinem tollen Team, das mir in Basel, Berlin, London und Oslo hilft. Aber das Tempo soll schön langsam, nicht zu schnell sein, damit ich nicht unter kommerziellen Druck gerate. Ich möchte ja auch in 40 Jahren noch Musik machen.»

Beruhigendes Wissen

Für diesen langfristigen Plan spielt auch die SUISA eine Rolle, obwohl Joanna Deborah Bussinger erst kürzlich Mitglied geworden ist. «Ich habe zuvor den Sinn einer Mitgliedschaft bei einer Urheberrechtsgesellschaft nicht eingesehen, da ich meine Kompositionen noch nicht veröffentlicht hatte.» Dies hat sich geändert, seit sie beim Management und Label Radicalis unter Vertrag ist. Da diese Firma in Basel ansässig ist, entschied sie sich für eine Mitgliedschaft bei der SUISA, obwohl sie weiterhin in Norwegen wohnt. «So können die Spezialisten von Radicalis sehr direkt Fragen mit der SUISA abklären, die zudem dafür bekannt ist, dass die Abrechnungen schneller als bei anderen Verwertungsgesellschaften gemacht werden.» Sie weiss noch nicht, was sie konkret von der SUISA erwarten kann. «Aber ich finde es für alle Musiker toll, dass es diese Genossenschaft gibt. Denn sie vereinfacht durch ihre Arbeit unser Leben und verteidigt unsere Rechte – das zu wissen, ist beruhigend.»

Konzerte:
4. – 6. April am «Zermatt Unplugged Festival».

www.debrahscarlett.com, offizielle Website von Debrah Scarlett

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