In der Deutschschweiz liess der Name Roby Seidel meist nur Jazzkenner aufhorchen. Eigentlich unverständlich, denn: Wer sich etwa seiner der Tochter gewidmeten Komposition «Zelda» annähert, bekommt – zumindest in der Fassung der Big Band Lausanne – ein ebenso zärtliches wie elegantes und klar strukturiertes Jazzstück zu hören. Etwas vom Feinsten.
In der Romandie wurde Seidel, der seit 1970 Mitglied der SUISA war, gerne als das Urgestein der Big-Band-Szene bezeichnet – zu Recht. Der in eine Musikerfamilie hineingeborene Genfer, der zunächst Bratsche, dann Kornett erlernte und später auf das Saxophon umstieg und am Conservatoire de Genève studierte, schuf sich insbesondere als Arrangeur einen exzellenten Namen.
Lange Jahre schrieb er für die Groupe instrumental romand (GIR), natürlich für seine eigene Roby Seidel Big Band und viele weitere Big Bands, insbesondere aus der Westschweiz. Nicht zuletzt hat er auch mehrere hundert Arrangements transkribiert. Erst im vergangenen Herbst erschien noch zu Ehren seiner 10-jährigen Tätigkeit als Leiter der Eagle’s Variety Big Band deren neue CD «Contrepèterie» mit Arrangements von Roby Seidel.
Nun ist der Westschweizer am 3. Januar dieses Jahres im Alter von 71 Jahren verstorben. «Er war ein ebenso polyvalenter wie eklektischer Musiker», rühmte ihn der Schweizer Pianist Alain Morisod. «Vor allem aber war Roby Seidel einer der letzten Mohikaner. Sein Musikwissen war kaum zu übertreffen.»
Auf Radio RTS wurde das Wirken des Künstlers nach seinem Hinschied mit einer rund 80-minütigen Sendung geehrt. Musikalische Weggefährten wie Trompeter Philippe Demierre sowie der Radiomoderator und -produzent Pascal Bernheim äusserten ihre riesige Wertschätzung nicht nur für den Musiker, sondern auch für die Person Roby Seidel.
Dieser sei stets über alle Erwartungen hinausgewachsen und habe immer intensive Arbeit abgeliefert, erinnerte sich Bernheim. «Roby Seidel war ein aussergewöhlicher Mensch mit unglaublich vielen Facetten.» Beschäftigte er sich mit Musik, dann habe der saubere Rhythmus und die Perfektion zu seinen Zielen gehört. Bei aller Professionalität war es ihm jedoch immer auch ein Anliegen, viel Humor an den Tag zu legen.
Roby Seidel hinterlässt eine grosse Lücke – in der Schweizer Musikszene und in seinem Umfeld.