Die Corona-Massnahmen führten für die Musikschaffenden zu einem Ausfall von Auftritts- und Verdienstmöglichkeiten und für die Musikkonsumenten zu einem schmerzvollen Verlust von Live-Musik. Livestreaming erfreut sich deshalb gerade in diesen Zeiten grosser Beliebtheit und übernimmt eine relevante Rolle im Kulturbetrieb. Text von Michael Wohlgemuth

Musik per Video als Ersatz für abgesagte Konzerte: Der Jazz- und Improvisationsmusiker Cyril Bondi hat für die Beitragsserie «Music for Tomorrow» sein Werk «We Need To Change» gespielt; zu hören und zu sehen auf dem SUISAblog und den Social Media-Kanälen SUISA Music Stories. (Foto: Screenshot Video Cyril Bondi)
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Livestreams zu übertragen: Die Auswahl reicht von der eigenen Website über Social Media-Plattformen wie Youtube, Facebook, Instagram oder Dailymotion bis zu reinen Livestreaming-Plattformen wie Twitch. Darüber hinaus tauchen zurzeit zusätzlich kleinere internationale, aber auch nationale Plattformen auf, bei welchen man sich als Musikschaffender zwecks Livestreaming anmelden und allfällige über die Plattform erzielte Einnahmen mit dieser teilen kann.
Folgender Leitfaden soll für SUISA-Mitglieder eine Hilfestellung im Livestreaming-Dschungel bieten:
Infos für Musikschaffende, die Livestreams selbst veranstalten
Brauche ich/Brauchen wir eine Lizenz der SUISA?
Sei es als Band, Singer-Songwriter, Orchester oder als Chor: Veranstaltet man auf seiner eigenen Website oder seinem eigenen Social-Media-Kanal einen Livestream und führt ausschliesslich selbst geschriebene und/oder gemeinfreie (Urheberin oder Urheber ist länger als 70 Jahre verstorben) Musik auf, braucht man keine Lizenz der SUISA.
Aber Vorsicht: Diese Form der «Eigennutzung» von eigener Musik auf den eigenen Web-Kanälen ist nur dann zulässig, wenn alle Songs zu 100% von den Interpreten und Interpretinnen selbst geschrieben sind. Sobald Dritte an nur einem der aufgeführten Werke beteiligt sind, handelt es sich um keine reine Eigennutzung mehr. Wenn es also Miturheberinnen -und urheber gibt, die nicht bei der Darbietung des Livestreams mitwirken, oder ein Verlag am Song beteiligt ist oder sonst fremde, geschützte Musik aufgeführt (bspw. Covers) wird, so braucht man eine Lizenz von der SUISA gemäss den «Lizenzbedingungen Livestreams».
Eine Ausnahme gilt für nicht-kommerzielle Livestreams auf Social Media-Plattformen: Diese sind bereits durch die Verträge von der SUISA und auch anderen Rechteverwertern mit den Social Media-Plattformen gedeckt und müssen deshalb in der Regel nicht separat lizenziert werden. Zurzeit bestehen abgeschlossene Verträge der SUISA mit Youtube und Facebook (inkl. Instagram). In Verhandlungen steht die SUISA mit Dailymotion, Vimeo und Twitch, für die das Gleiche gelten wird.
Nicht-kommerziell in diesem Zusammenhang bedeutet, dass kein Geld für den Livestream verlangt wird und er nicht für ein Unternehmen produziert wird. Auch Spendenaktionen, deren Einnahmen vollständig Hilfsbedürftigen zukommen, gelten für die SUISA als nicht-kommerziell.
Livestreams von DJ-Sets DJ-Sets beinhalten nicht nur Kompositionen, sondern auch Aufnahmen, über deren Rechte das Tonträgerunternehmen bzw. das «Label» verfügt. Da die wenigsten DJs ausschliesslich selbst komponierte und selbst veröffentlichte Musik verwenden, müssen für Livestreams von DJ-Sets in der Regel gleich mehrere Lizenzen eingeholt werden: Für die Urheberrechte braucht es eine Lizenz von der SUISA (mit Ausnahme von nicht-kommerziellen Livestreams auf Social-Media, siehe Abschnitt «Braucht es eine Lizenz der SUISA?») und für die Rechte an den gespielten Aufnahmen – die sogenannten verwandten Schutzrechte – Lizenzen der Plattenfirmen/Labels. Bei DJ-Sets auf Social Media sind die Plattformen selbst dafür verantwortlich. Die zurzeit einzige der SUISA bekannte Plattform, welche mit den meisten grösseren Labels einen Vertrag für DJ-Livestreams geschlossen hat, ist Mixcloud. |
Der Livestream meines Konzerts oder DJ-Sets auf Social Media wurde blockiert: Weshalb und wie kann ich das vermeiden?
Die Ursache für eine Blockierung ist meistens das Aufführen fremder Musik, und damit zusammenhängend das Fehlen einer bestimmten Lizenzvereinbarung der Social Media-Plattform mit einem Rechteinhaber (oft ein Label oder ein Verlag). Grundsätzlich sind nämlich die Social Media-Unternehmen für den Inhalt auf ihren Plattformen verantwortlich und blockieren zu ihrer eigenen Absicherung unlizenzierte Inhalte mithilfe von Audioerkennungstechnologien.
Man kann Blockierungen auf Social Media also am einfachsten aus dem Weg gehen, indem man im Falle eines Live-Konzerts in erster Linie selbst komponierte Musik aufführt. Coverbands ist aus komplexen rechtlichen Gründen zu empfehlen, die Livestreams nicht auf Social Media, sondern auf der eigenen Website zu veranstalten.
DJ-Sets auf Social Media-Plattformen sollten möglichst vermieden werden, ausser es werden eigene Aufnahmen verwendet. Der Grund dafür ist, dass die wenigsten Labels das Livestreaming ihrer Aufnahmen auf Social Media zulassen. Insbesondere Facebook und Youtube verfügen über ausgereifte Audioerkennungstechnologien und erkennen damit sehr rasch unlizenzierte Aufnahmen. Allerspätestens wenn man eine Aufzeichnung des Livestreams mit unlizenzierter Musik auf der Plattform lässt, wird diese von der Software automatisch gesperrt.
Kann ich mit meinen Livestreams Geld verdienen?
Man kann mit seinen Livestreams auf verschiedenste Arten Geld verdienen:
Die einfachste Form ist das Anbieten des Livestreams gegen Bezahlung. Auf der eigenen Website könnte man zum Beispiel gegen Bezahlung den Link für den Livestream bekanntgeben. Dieses Bezahlmodell liesse sich auch auf Social Media-Plattformen übertragen, indem man den Livestream nur in einer geschlossenen Gruppe bereitstellt, zur welcher das Publikum nur gegen ein Entgelt Zugriff erhält.
Zum jetzigen Zeitpunkt muss dafür noch auf klassische, von der Social Media-Plattform unabhängige, Zahlungssysteme wie bspw. die Kontoverbindung zurückgegriffen werden. Es ist aber damit zu rechnen, dass die Social Media-Plattformen vermehrt integrierte Zahlungslösungen anbieten werden, mit welchen die Zuschauerinnen und Zuschauer direkt über die Plattform bezahlen können. So hat beispielsweise Facebook angekündigt, auf der Facebook-Live-Plattform direkte Zahlungen über die Plattform zu ermöglichen.
Weitere potenzielle Einnahmequellen sind bspw. Werbeunterbrechungen oder das Sponsoring des Livestreams. Ebenfalls könnten im Rahmen des Livestreams Merchandising-Artikel angeboten oder freiwillige Spenden ermöglicht werden.
Infos für Musikschaffende, deren Livestream von einem Veranstalter durchgeführt wird
Wer kommt als Veranstalter in Frage?
Als Livestream-Veranstalter kommen vor allem Konzertveranstalter und Clubbetriebe, aber auch (Medien-) Unternehmen, Stiftungen, Vereine oder sonstige Gesellschaften in Frage.
Wo werden diese Veranstaltungen live gestreamt?
Einerseits auf Social Media, anderseits auch auf eigenen Plattformen, die speziell für Livestreaming-Events ins Leben gerufen wurden. Ein nationales Beispiel ist Artonair. Ein internationales Beispiel für einen solchen Livestream-Veranstalter ist Stageit.
Ich wurde/Wir wurden für einen Livestream angefragt: Muss der Veranstalter mich für meinen Auftritt vergüten?
Die SUISA ist grundsätzlich der Ansicht, dass Engagements für Livestreams mit Engagements für Konzerte zu vergleichen sind und somit auch eine Gage angebracht ist. Diese sollte nebst den Auftrittsmodalitäten in einem Engagement-Vertrag geregelt werden.
Sind die Veranstalter auch für die Urheberrechtsgebühren verantwortlich?
Ja, genauso wie im Offline-Bereich müssen sich die Veranstalter um die Urheberrechte an der aufgeführten Musik kümmern. Internationale Anbieter brauchen eine Lizenz von jedem betroffenen Rechteinhaber der aufgeführten Musik (Verwertungsgesellschaften, Verlage etc.). Für nationale Anbieter reicht eine Lizenz der SUISA.
In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, die AGBs des jeweiligen Anbieters zu studieren und darauf zu achten, dass man dem Veranstalter keine Rechte einräumt, über welche man nicht verfügen kann oder möchte. Beispielsweise sollte man als SUISA-Mitglied speziell darauf achten, keine Aufführungsrechte dem Veranstalter einzuräumen, da dies bereits die SUISA für einen übernimmt.
Gibt es also eine Vergütung der SUISA für meinen Auftritt in einem Livestream?
Wurde ein Livestream von der SUISA an einen Veranstalter lizenziert, so können die an der Musik beteiligten Urheberinnen und Urheber und Verlage eine entsprechende Entschädigung von der SUISA erwarten (abzgl. des momentanen Kostensatzes von 15%). Die Höhe der Entschädigung ist in erster Linie davon abhängig, ob und wie viel Einnahmen durch den Veranstalter erzielt werden. Verteilt werden die Lizenzeinnahmen auf Basis des Programms, der «Setliste», die der Veranstalter bei der SUISA einreicht.
Weitere Informationen:
Haben Sie als SUISA-Mitglied rechtliche Fragen oder Anliegen in Zusammenhang mit Livestreams? Gerne berät Sie dazu unser Rechtsdienst: legalservices (at) suisa (dot) ch
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Die Corona-Massnahmen führten für die Musikschaffenden zu einem Ausfall von Auftritts- und Verdienstmöglichkeiten und für die Musikkonsumenten zu einem schmerzvollen Verlust von Live-Musik. Livestreaming erfreut sich deshalb gerade in diesen Zeiten grosser Beliebtheit und übernimmt eine relevante Rolle im Kulturbetrieb. Text von Michael Wohlgemuth

Musik per Video als Ersatz für abgesagte Konzerte: Der Jazz- und Improvisationsmusiker Cyril Bondi hat für die Beitragsserie «Music for Tomorrow» sein Werk «We Need To Change» gespielt; zu hören und zu sehen auf dem SUISAblog und den Social Media-Kanälen SUISA Music Stories. (Foto: Screenshot Video Cyril Bondi)
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Livestreams zu übertragen: Die Auswahl reicht von der eigenen Website über Social Media-Plattformen wie Youtube, Facebook, Instagram oder Dailymotion bis zu reinen Livestreaming-Plattformen wie Twitch. Darüber hinaus tauchen zurzeit zusätzlich kleinere internationale, aber auch nationale Plattformen auf,…Weiterlesen
Was bedeutet „nicht-kommerzielle Livestreams“ genau?
Wenn der Stream für alle sichtbar ist (keine Zugangsbeschränkung), man Musik im Hintergrund laufen lässt und der Zuschauer freiwillig für den Stream etwas bezahlen kann aber nicht muss, dann ist das doch auch kommerziell? Der Streamer verdient ja auch damit. Einfach auf freiwilliger Basis.
Besten Dank für die berechtigte Frage. In der Tat würden wir solche Livestreams auch als kommerziell betrachten. Sobald in irgendeiner Form Geld fliesst, handelt es sich aus unserer Sicht um ein kommerzielles Angebot.
Beste Grüsse, Michael Wohlgemuth, SUISA Rechtsdienst