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Schallschutzgesetzgebung wird nur rudimentär angepasst

Schallschutzgesetzgebung wird nur rudimentär angepasst
Viel Lärm um nichts: Nach vehementem Widerstand von betroffenen Branchenvertretern will das Bundesamt für Gesundheit von grossen Änderungen in der Schallschutzgesetzgebung (auch für Grosskonzerte wie im Bild) absehen. (Foto: Marcel Grubenmann)
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Text von Sarah Coopman
Im Februar 2018 wurde die Verordnung zum Bundesgesetz über den Schutz vor Gefährdung durch nichtionisierende Strahlung und Schall in die Vernehmlassung geschickt. Im Verordnungsentwurf waren strengere Auflagen für Veranstaltungen mit elektrisch verstärktem Schall sowie neu auch Auflagen für nicht verstärkte Veranstaltungen vorgesehen. Anfang Oktober wurde bekannt, dass das Bundesamt für Gesundheit auf die meisten Verschärfungen verzichten möchte.

Wer sich heute darüber informieren möchte, welche Grenzwerte und Auflagen für Schall bei Veranstaltungen gelten, schaut in der Schall- und Laserverordnung («SLV») nach. Dort ist zunächst einmal festgehalten, dass Veranstaltungen mit einem Beschallungspegel von weniger als 93 dB(A) keiner Auflage unterliegen. Massgebend für die Grenzwerte ist der durchschnittliche Schallpegel während einer Stunde. Auflagen für die Veranstalter gemäss aktueller SLV gelten erst ab 93 dB(A) pro Stunde bei Veranstaltungen mit elektrisch verstärktem Schall.

Regeln der aktuellen Schall- und Laserverordnung

Die erforderlichen Schallschutzmassnahmen unterscheiden sich je nach durchschnittlichem Beschallungspegel und lassen sich in drei Kategorien unterscheiden: Die erste Kategorie von Veranstaltungen sind solche mit einem durchschnittlichen Stundenpegel zwischen 93 dB(A) und 96 dB(A). Diese Events müssen vom Veranstalter vierzehn Tage im Voraus bei der Vollzugsbehörde gemeldet werden. An der Veranstaltung selbst ist das Publikum sodann über die mögliche Gefährdung des Gehörs mittels eines Plakats zu informieren und es müssen gratis Gehörschutze abgeben werden. Schliesslich schreibt die SLV vor, dass der Schallpegel während der Veranstaltung mit einem Messgerät überwacht werden muss. Solche Messgeräte müssen keine besonderen Anforderungen erfüllen.

Der durchschnittliche Stundenpegel an einer Veranstaltung mit elektrisch verstärktem Schall darf 100 dB(A) nicht übersteigen. Für Veranstaltungen mit einem Pegel zwischen 96 dB(A) und 100 dB(A) gelten dieselben Anforderungen wie für Veranstaltungen der ersten Kategorie, vorausgesetzt, die Beschallung dauert insgesamt nicht länger als drei Stunden. Auch hier gelten für die Veranstalter folgende Verpflichtungen: Meldepflicht für die Veranstaltung, Pflicht zur Information des Publikums und Abgabe von Ohrenstöpseln sowie eine Überwachungspflicht während der ganzen Veranstaltung.

Bisher keine Auflagen für unverstärkten Schall

Übersteigt die Beschallungsdauer jedoch drei Stunden, gelten strengere Auflagen. In diesem Fall muss der Veranstalter zusätzlich den Schallpegel aufzeichnen und eine Ausgleichszone schaffen. In dieser Ausgleichszone darf der mittlere Schallpegel die 85-Dezibelgrenze nicht überschreiten.

Der maximale Schallpegel, also die lauteste punktuell gemessene Schallbelastung, darf 125 dB(A) zu keinem Zeitpunkt überschreiten. Unverstärkter Schall unterliegt bisher keinen Auflagen. Sowohl ein Sinfonieorchester als auch eine Opernsängerin oder eine Guggenmusik müssen sich somit an keine der genannten Grenzwerte und die damit verbundenen Auflagen halten. So lauten die Regelungen für Veranstaltungen mit elektrisch verstärktem Schall gemäss der aktuell geltenden Schallverordnung.

Widerstand gegen Verordnungsentwurf V-NISSG

Im Entwurf der neuen Verordnung zum Bundesgesetz über den Schutz vor Gefährdung durch nichtionisierende Strahlung und Schall, genannt «V-NISSG», waren diese Regelungen grösstenteils übernommen und punktuell angepasst worden. Zum einen sah der Verordnungsentwurf neu auch Auflagen für Veranstaltungen ohne verstärkten Schall vor. Zum anderen wäre die Pflicht zur Aufnahme des Schallpegels auf alle Veranstaltungen mit einem durchschnittlichen Pegel von über 93 dB(A) ausgedehnt worden. Der Bund wollte zudem höhere Anforderungen an die Aufnahmegeräte stellen.

Im Laufe der Vernehmlassung zeigten die Branchenvertreter vehementen Widerstand gegen die beabsichtigten Änderungen. Nach den Gesprächen mit den Branchenvertretern, die Ende September stattfanden, lässt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) nun von diesen Änderungen ab und wird dem Bundesrat die Streichung der ausgedehnten Aufnahmepflicht beantragen. Damit bleibt in Bezug auf die Aufnahmepflicht alles beim Alten und die Aufnahmepflicht besteht nur für Veranstaltungen mit einem Durchschnittspegel von über 96 dB(A) bei einer Beschallung von mehr als drei Stunden.

BAG will von Verschärfungen grösstenteils absehen

Als Auflage für Veranstaltungen mit unverstärktem Schall über 93 dB(A) wird vom BAG nur noch eine Pflicht zur Information des Publikums sowie die Pflicht zur Abgabe von kostenlosen Gehörschutzen beantragt, die vorgängige Meldepflicht soll ebenfalls gestrichen werden. Für Orchesterauftritte, klassische Konzerte oder ähnliche Veranstaltungen werden in Zukunft voraussichtlich minime Auflagen gelten, vorausgesetzt, der Grenzwert von 93 dB(A) ist erreicht.

Die verschärften Anforderungen an die Messgeräte werden voraussichtlich ebenfalls nicht umgesetzt. Vielmehr sollen die Anforderungen an die Messgeräte sowie das Messverfahren an sich anhand einer Branchenempfehlung definiert werden.

Grosse Änderungen in der Schallschutzgesetzgebung sind somit aufgrund der neusten Entwicklungen nicht zu erwarten. Insbesondere die geltenden Grenzwerte bleiben unverändert. Diese sind nach Angaben des BAG von den Branchenvertretern akzeptiert und wurden im Laufe der Vernehmlassung nicht in Frage gestellt. Inwiefern doch noch Änderungen in die neue Verordnung integriert werden, ist zum momentanen Zeitpunkt nicht restlos klar. Der Bundesrat entscheidet Anfang 2019 endgültig über die Umsetzung und die Inkraftsetzung des Verordnungsentwurfs.

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