Seitens der SUISA besteht das Ziel darin, den Tarif zu vereinfachen, insbesondere in Bezug auf kleinere Veranstaltungen, um Verwaltungskosten zu sparen und den Zugang zu Musik zu fördern. Die Interessen der Veranstalter/innen gehen ebenfalls in diese Richtung, so dass Lösungen für eine Vereinfachung möglich sein sollten. Komplizierter ist es, wenn die an den Verhandlungen beteiligten Verbände bestimmte Grundsätze des Urheber- und Tarifrechts in Frage stellen.
In einem zentralen Punkt ist das Gesetz klar: Die Urheberrechtsentschädigungen sind zunächst unter Berücksichtigung des Ertrags aus der Werknutzung zu berechnen (Art. 60 URG). Im Bereich der Konzerte ist allgemein bekannt, dass die Billettpreise in den letzten Jahren stark gestiegen sind und damit auch die Umsätze der Veranstalter/innen. Diese weisen jedoch darauf hin, dass dieser Trend auf einen Anstieg ihrer Ausgaben und nicht auf eine Erhöhung ihrer Margen zurückzuführen ist. Ausserdem argumentieren sie, dass die Kompositionsarbeit sich in den letzten Jahren nicht verändert hat und es somit keinen Grund gibt, sie besser zu bewerten.
«Es ist fair, dass die Urheber/innen auch einen Teil dieser Einnahmen erhalten, die ohne in Konzerten aufgeführte Werke nicht möglich wären.»
Die Ausgaben der Konzertveranstalter/innen gehen allerdings mit Einnahmen bei anderen Personen einher. Es ist fair, dass die Urheber/innen auch einen Teil dieser Einnahmen erhalten, die ohne in Konzerten aufgeführte Werke nicht möglich wären. Aus diesem Grund bewertet die Rechtsprechung die Urheberrechtsentschädigungen anhand der «Brutto»-Einnahmen, das heisst ohne Berücksichtigung der Ausgaben der Person, die die Werke nutzt. Das Prinzip einer angemessenen und verhältnismässigen Vergütung ist auch in Art. 18 der Europäischen Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt von 2019 verankert. Dies ist übrigens nicht immer zum Vorteil der Rechteinhaber/innen in einer an (fast) kostenlose Angebote gewöhnten Informationsgesellschaft, in der Werke nicht immer das einbringen, was sie sollten. Doch dieses Prinzip ist Teil der «Spielregeln», die die SUISA wohl akzeptieren muss. Folglich sollte man auch nicht erwarten, dass die SUISA von dem Prinzip abweicht, wenn es eine angemessene Vergütung der Rechteinhaber ermöglicht, und es aber in den anderen Fällen gegen sich gelten lässt …
Ein weiterer Punkt, den unsere Verhandlungspartner anführten, betraf das Publikum, das ein Konzert nicht nur besucht, um Musik zu hören, sondern auch, um eine spezielle Darbietung und Atmosphäre zu geniessen. Der heutige Tarif trage diesen «nicht-musikalischen Elementen» nicht genügend Rechnung. Dieses Argument war bereits bei früheren Verhandlungen im Jahr 2016 vorgebracht worden, und als Reaktion darauf hatten die Parteien eine Reduktion der Prozentsätze der Entschädigungen vereinbart. Je nach Fall kann diese bis zu 25% betragen. Es ist also falsch zu behaupten – wie es einige Veranstalter/innen in der Presse getan haben –, dass die SUISA sich blind an den gesetzlich vorgegebenen Höchstprozentsatz hält. Was hingegen stimmt, ist, dass die SUISA nicht einsieht, weshalb die 2016 gefundene Lösung heute inakzeptabel sein soll, denn die Ausgangslage hat sich seither nicht geändert.
Trotz dieser Differenzen liegt es auch im Interesse der Konzertveranstalter/innen, dass der SUISA-Tarif eine angemessene Vergütung der Musikurheber/innen und -verleger/innen gewährleistet. Andernfalls werden die grossen Rechteinhaber/innen versuchen, ihre Rechte selber zu verwalten – ohne die SUISA. Die Veranstalterkreise werden dann mit einseitig festgelegten Lizenzbedingungen konfrontiert sein, die nicht vom Staat kontrolliert werden, und sie werden nicht mehr vom «One-Stop-Shop» profitieren, der die kollektive Wahrnehmung ermöglicht. Der Erwerb von Rechten könnte somit teurer und komplizierter werden. Um solche Folgen zu verhindern, sollten alle Parteien gemeinsam an einem Strang ziehen!