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«Mit den Streichinstrumenten bilde ich grosse Cluster-Akkorde»
Pascal Bachmann, geboren 2006, erhält zurzeit seine akademische und musikalische Ausbildung am Eton College in Grossbritannien.
Foto: Andrin Bachmann
Text von Gastautor Markus Ganz
Das Festival Murten Classics präsentiert am 27. August 2023 zum Jubiläum von 100 Jahre SUISA vier Auftragswerke einer neuen Generation von jungen Schweizer Komponistinnen und Komponisten. Einer davon ist Pascal Bachmann.

Pascal Bachmann ist der jüngste Komponist, der von Murten Classics für ein Auftragswerk ausgewählt wurde. Der 2006 in London geborene Schweizer gewann bereits im Jahr 2020 eines der prestigeträchtigen Music Scholarships des Eton Colleges (UK), wo er zurzeit seine akademische und musikalische Ausbildung erhält. «Ich schreibe schon recht lange Musik», erklärt Pascal Bachmann, «bisher aber eher nachahmend, nicht wirklich originell». Er habe noch nicht wirklich einen eigenen Stil entwickelt. «Aber ich will ein ‹richtiger› Komponist werden und bin sehr offen, experimentiere mit meinen Einflüssen.» Dazu zählt er insbesondere Werke von Olivier Messiaen und Witold Lutosławski, weil er gerne aleatorische Musik komponiere. Auch das für Murten Classics geschriebene Stück «As a False Dawn» sei aleatorisch geprägt. Der Dirigent und die Musikerinnen und Musiker hätten gewisse Freiheiten, was genau gespielt wird.

Herausforderung der Besetzung

Pascal Bachmann spielt Klavier, Orgel, Geige und Bratsche, hat bisher aber vor allem Werke für Klavier, Orgel und Cembalo komponiert. Entsprechend muss es für ihn eine grosse Herausforderung sein, bei diesem Auftragswerk gleich für ein Streichorchester zu komponieren, das zudem mit Piano, Harfe und zwei Schlagzeugen erweitert wird. Dem stimmt Pascal Bachmann zu – zumal er die Streicher und Streicherinnen speziell einzusetzen plant. «Ich weise allen von ihnen einen eigenen Teil zu, so dass ich so viele kompositorische Teile wie nötig verwenden kann.» Die Absicht dahinter: «Damit kann ich grosse Cluster-Akkorde bilden. Harfe, Klavier und Schlagzeug setze ich eher für Effekte ein.» Man kann bei diesem Werk also nicht klassische Kammermusik erwarten. Pascal Bachmann erklärt aber auch, dass er sich zu Beginn des Kompositionsprozesses vom am Konzertabend der Uraufführung ebenfalls gespielten «Concerto grosso No.1» von Ernest Bloch inspirieren liess, auch wenn dies im Stück nicht sehr deutlich werde.

Feedback auf viele Ideen

Pascal Bachmann begann bereits im Oktober 2022, seinem Mentor Daniel Schnyder kompositorische Ideen zu schicken. «Dazu hat er mir jeweils ein Feedback gegeben. Er berät mich etwa bezüglich der Balance der Instrumente, weil ich zum Beispiel nicht weiss, was man neben einem Schlagzeug noch hören kann; da fehlt mir die Erfahrung. Er hilft mir auch dabei, wie eine Partitur aussehen muss, damit die Musiker verstehen, was genau sie spielen müssen.» Selbstkritisch räumt er ein, dass er seine Ideen gar oft geändert oder neu begonnen habe, was für Daniel Schnyder wohl etwas schwierig gewesen sei.

Zur Zeit des Interviews im Frühling 2023 hatte er für sein Stück eine Struktur erstellt und das Material für Teile davon beieinander; er wisse auch, wie diese Teile tönen sollen. «Aber ich finde es recht schwierig, ein ganzes Stück zu schaffen, in dem diese Sounds verbunden werden, damit es ein kohärentes Stück ergibt.» Auch deshalb benutze er den Computer nicht gerne für den Sound. «Ich finde die verfügbaren Klänge meistens nicht gut genug. Da arbeite ich lieber am Klavier oder im Kopf, wenn das möglich ist.» Und eine mit Computersounds erstellte Vorlage, wie das Stück in etwa klingen sollte, könne er dem Orchester auch nicht schicken, weil das bei aleatorischer Musik schwierig sei.

Freiheiten der Interpretation

Schon bei seinem energiegeladenen Werk «Étude-Grotesque» (für Cembalo, 2022) hatte Pascal Bachmann mit Anmerkungen und Anweisungen in der Partitur gezeigt, dass er keine bis ins letzte Detail fixierten Werke schaffen will, sondern gewisse Freiheiten der Interpretation vorsieht. Die Interpreten werden etwa ermutigt, mit der Stimmung des Cembalos zu experimentieren, um die Qualität bestimmter Klangfarben zu verbessern. Oder: Das Metrum müsse durchgehend absolut konstant bleiben, kleine Accelerandi und Ritardandi seien aber erlaubt, müssten jedoch sehr graduell gehalten bleiben.

Pascal Bachmann vermutet, dass ihn der Besuch von Improvisationsunterricht «nur ein bisschen» zu solchen Anmerkungen und Anweisungen inspiriert habe. «Die Improvisation kommt eher zur Geltung, wenn ich auf der Orgel in der Kirche spiele. Aber dort interpretiere ich eine andere Art von Musik, als ich komponiere, eher konservative, Stücke von J. S. Bach etwa.» Bei seinen Kompositionen gehe es nicht um Improvisation. «Ich lege auch bei meinem Stück für Murten Classics klare Noten vor und schreibe dazu in der Klassik übliche Anmerkungen und Anweisungen – allerdings wohl mehr als üblich.»

Jubiläumskonzert zu 100 Jahre SUISA am Festival Murten Classics 2023

Murten Classics hat letztes Jahr die vier jungen Schweizer Talente Pascal Bachmann (*2006), Joëlle Nager (*2000), Théo Rossier (*2002) und Arseniy Shkaptsov (*1993) beauftragt, zum Festivalthema «Geschichten – Histoires» je eine maximal achtminütige Komposition für Streichorchester, Klavier, Harfe und zwei Schlagzeuge zu schreiben. Ausgewählt wurden die vier «Young Composers» von dem Dirigenten Christoph-Mathias Mueller, der auch künstlerischer Leiter von Murten Classics ist, und dem «Senior Composer» Daniel Schnyder. Letzterer begleitet die «Young Composers» während des Kompositionsprozesses als Mentor. Der 1961 in Zürich geborene und seit 1992 in New York City lebende Saxofonist und Flötist gilt als einer der vielseitigsten Komponisten seiner Generation.

Unter dem Titel «Aus der Werkstatt geplaudert» findet am Samstag, 26. August um 14 Uhr in der Deutschen Kirche Murten eine öffentliche Generalprobe mit Gesprächen statt. Ein Ticket zum Konzert von Sonntag, dem 27. August berechtigt zu dieser öffentlichen Probe in Anwesenheit der Komponistin und der Komponisten. Das Konzert mit den Uraufführungen beginnt am Sonntag um 20 Uhr im idyllischen Schlosshof. Die Werke der Young Composers werden von Arcangelo Corellis «Concerto grosso op. 6, Nr. 4» und Ernest Blochs «Concerto grosso No. 1» eingerahmt. Interpretiert wird das Programm durch das Hilaris Chamber Orchestra, das erweitert wird mit Isabel Goller (Harfe), Kiril Zvegintsov (Klavier), Jens Ruland (Schlagzeug) und João Carlos Pacheco (Schlagzeug); als Dirigent wirkt Christoph-Mathias Mueller.

Tickets ab dem 1. Juni und weitere Infos: www.murtenclassics.ch

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