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Aus dem Geschäftsbericht 2021: Von der Ausarbeitung der Gesetzgebung zum Anwendungsfall
Der Geschäftsbericht 2021 enthält die relevanten Zahlen und Informationen zum Geschäftsjahr 2021 der SUISA Genossenschaft und Gruppe.
Bild: SUISA
Text von Vincent Salvadé
Das Departement «Regulations» der SUISA befasst sich mit juristischen Fragen. Seine Aufgaben reichen von der Beteiligung an unseren verschiedenen politischen Aktionen im Hinblick auf die Gesetzgebung, über Tarifverhandlungen und die Ausarbeitung des Verteilungsreglements bis hin zur Durchsetzung der Regeln bei Rechtsstreitigkeiten. Zu den Aktivitäten des Departements gehörten 2021 verschiedene Themen.

1. Gesetzgebung

Im Bericht über das vorangehende Jahr haben wir auf die Initiative des Nationalrats Philippe Nantermod hingewiesen. Er verlangte eine Ausnahme vom Urheberrecht, wenn geschützte Werke in Hotelzimmern und ähnlichen Orten verwendet werden. Diese parlamentarische Initiative griff eine Bestimmung neu auf, die der Nationalrat und der Ständerat im September 2019 im Rahmen der Revision des Urheberrechts abgewiesen hatten. Der Nationalrat hatte die Parlamentarische Initiative am 3. März 2021 angenommen. Für uns war das inakzeptabel. Es gab keinen Grund, das Gesetz nach so kurzer Zeit bereits wieder zu revidieren, wo es doch ohnehin auf einem Kompromiss beruht. Um eine Lösung zu finden, hatte man sich auf Seiten der Künstler/innen bereits auf erhebliche Zugeständnisse eingelassen. Sie wären also die Betrogenen gewesen, wenn einseitig bestimmte Punkte revidiert worden wären. Ganz zu schweigen davon, dass die Initiative gegen internationales Recht verstossen hätte. Damit hätte diese Initiative entweder die Schweiz dem Risiko wirtschaftlicher Sanktionen ausgesetzt oder sie hätte zur Folge gehabt, dass diese Ausnahmen auf Werke und Darbietungen Schweizer Staatsbürger hätten beschränkt werden müssen, damit nicht internationale Verträge verletzt worden wären. Das wäre eine offenkundige Diskriminierung der Künstler in unserem Land gegenüber jenen aus dem Ausland gewesen. Glücklicherweise wurde die Initiative Anfang März 2022 vom Ständerat abgelehnt. Damit ist diese Angelegenheit endgültig abgeschlossen.

Auch die Revision der Zivilprozessordnung hat uns beschäftigt. Eine Zeitlang drohte die Gefahr, dass vor der Einleitung rechtlicher Schritte bei Urheberrechtszahlungen bis zu CHF 30 000.– ein Schlichtungsversuch obligatorisch würde. In einem Prozess ist es oft hilfreich und von Vorteil, eine Einigung zu finden. Doch die Verwertungsgesellschaften müssen sich an die Gleichbehandlung halten, und sie haben bindende Tarife. Daher ist ihr Verhandlungsspielraum bei der Annahme oder Ablehnung einer gütlichen Lösung oft begrenzt. Unter diesen Umständen haben wir uns für eine fakultative Schlichtung stark gemacht, wodurch unnötige Kosten vermieden werden, wenn eine Einigung nicht möglich erscheint. Das Dossier scheint auf gutem Weg zu sein obwohl die Revision der Zivilprozessordnung zum Zeitpunkt der Erstellung des vorliegenden Textes noch nicht unter Dach und Fach war.

Kurz vor Weihnachten veröffentlichte der Bundesrat einen Bericht als Antwort auf ein Postulat, das ihn dazu aufforderte, die Wirksamkeit der Urheberrechtsrevision (in Kraft getreten am 1. April 2020) zu bewerten. Insgesamt äussert sich die Regierung recht positiv. Sie hebt insbesondere hervor, dass die neuen Massnahmen zur Bekämpfung der Piraterie anscheinend eine abschreckende Wirkung gezeigt haben und die Kritik der Rechteinhaber zurückgegangen sei. Demgegenüber äussert sich der Bundesrat etwas differenzierter über das neue Modell der erweiterten Kollektivlizenz: Es ermöglicht den Verwertungsgesellschaften, eine weltweite Lizenz für ein komplettes Repertoire zu gewähren, auch im Interesse von Rechteinhabern, die sie nicht vertreten. Das Modell habe jedoch noch nicht sein volles Potenzial entfaltet. In diesem Zusammenhang finden wir die Absicht der Schweiz begrüssenswert, die internationalen Diskussionen mitzuverfolgen. Tatsächlich wäre eine Reglementierung auf dieser Ebene erforderlich, damit die erweiterte Kollektivlizenz auch für länderübergreifende Verwertungen genutzt werden kann.

2. Tarife

Was die Tarifverhandlungen betrifft, so konnten wir 2021 erfreulicherweise zwei wichtige Abkommen treffen.

Zum einen haben wir uns mit den Partnern auf einen neuen Gemeinsamen Tarif 4i für Privatkopien auf in Geräten integrierten Speichermedien verständigt. Dieser sieht eine Erweiterung der Lizenzgebühr auf Laptops und externe Festplatten vor. Der Tarif liegt zur Zeit der Eidgenössischen Schiedskommission zur Genehmigung vor und sollte am 1. Juli 2022 in Kraft treten. Er wird zu einer erheblichen Steigerung unserer Einkünfte auf leere Datenträger führen. Daneben führen wir 2022 Verhandlungen über einen neuen Tarif für Privatkopien, die in der Cloud erstellt werden (d. h. auf Servern an entfernten Standorten). Diese Gespräche wurden im Herbst 2021 ausgesetzt, um ein Urteil des EU-Gerichtshofs zu einer ähnlichen Lizenzgebühr in Österreich abzuwarten. Dieses erfolgte nun Ende März 2022 in einem für die Rechteinhaber günstigen Sinne.

In einem anderen Bereich haben wir 2021 unsere Verhandlungen über einen neuen Gemeinsamen Tarif Z für Zirkusse abgeschlossen. Unser Ziel war es, den Anwendungsbereich dieses Tarifs gegenüber dem des Gemeinsamen Tarifs K abzugrenzen, der für Konzerte, aber auch für verschiedene andere Aufführungsformen gilt. Ab jetzt bleibt der günstigere Gemeinsame Tarif Z bestimmten, klar definierten Aufführungen vorbehalten. Der neue Tarif wurde am 8. November 2021 von der Schiedskommission genehmigt.

3. Verteilungsreglement

Im Frühjahr 2021 wurden alle Änderungen des Verteilungsreglements, die der Vorstand der SUISA Ende 2020 beschlossen hatte, vom Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) genehmigt. Das neue Verteilungssystem für Privatkopien wurde also erstmals im September 2021 zur Anwendung gebracht.

Darüber hinaus hat der Vorstand der SUISA 2021 drei Änderungen des Reglements in Bezug auf Online-Rechte verabschiedet. Die erste regelt die Situation, in der eine Online-Plattform keine ausreichenden Informationen über die von ihr genutzten Werke liefert. In diesem Fall erfolgt die Verteilung auf Basis der Informationen, die auf anderen Plattformen mit einem ähnlichen Repertoire hinterlegt sind. Die zweite Änderung betrifft die sogenannten Residuals. Dabei handelt es sich um Beträge, die von den Online-Anbietern «zur Abgeltung aller Rechnungen» für Werke entrichtet werden, die von keiner Verwertungsgesellschaft beansprucht worden sind. Auf Ende 2021 konnten diese Residuals den Rechteinhabern in Form von Zusatzzahlungen zu ihrer Abrechnung für die laufenden Nutzungen zugewiesen werden. Die dritte und letzte Revision betrifft «Play Suisse», die Video-onDemand-Plattform (VoD) der SRG. Der Vorstand der SUISA hat beschlossen, dass ein Teil der von der SRG bezahlten Beträge in Anwendung von Tarif A ab jetzt der Verteilungsklasse 22S zugeordnet wird, die den Bereich VoD regelt. Dieser Anteil wird entsprechend den von «Play Suisse» investierten Kosten im Verhältnis zu den Gesamtkosten der SRG kalkuliert.

Es gilt zu beachten, dass die dritte Änderung noch vom IGE genehmigt werden muss. Dieses verlangte zuvor eine Ergänzung des Tarifs A. Da die SRG damit einverstanden war, wurde der Fall im Frühjahr 2022 an die Schiedskommission weitergeleitet, und wir hoffen, dass er bald zu einem positiven Abschluss gebracht werden kann.

4. Aufsichtsbehörde

Schliesslich müssen wir noch auf zwei Rechtssachen hinweisen, in denen wir seit dem letzten Herbst Differenzen mit unserer Aufsichtsbehörde IGE haben. Beide betreffen das Verhältnis zwischen der «klassischen» kollektiven Verwertung unter Bundesaufsicht und der liberalisierten Rechteverwertung im Online-Bereich. In der ersten Sache opponierte das IGE gegen die Garantien der SUISA für einen Bankkredit zugunsten von Mint, der gemeinsam von SUISA und SESAC gegründeten Gesellschaft zur Verwertung von Online-Rechten. In der zweiten ging das IGE gegen eine «Cross-Selling»-Aktion der SUISA vor, in welcher sie ihre Kunden aus dem Gemeinsamen Tarif 3a (Hintergrundmusik) informierte, dass eine andere Lizenz erforderlich ist, wenn sie Musik auf ihren Internetseiten oder ihren Seiten in den sozialen Medien verwenden.

In beiden Fällen haben wir beim Bundesverwaltungsgericht rekurriert. In Bezug auf den ersten Punkt haben wir das Interesse der SUISA-Mitglieder am reibungslosen Funktionieren von Mint hervorgehoben. Das Joint Venture hat zum Ziel, das Schweizer Repertoire weiteren Repertoires anzugliedern, um gegenüber den Branchenriesen wie Google, Apple oder Spotify an Verhandlungsmacht zu gewinnen. Die Gewährung von Garantien für Mint wird der Generalversammlung 2022 vorgelegt, wodurch das Verfahren voraussichtlich beendet werden kann. Im zweiten Fall war das IGE der Ansicht, dass das Datenschutzrecht der von der SUISA gegebenen Information widerspricht und die Aktion irreführend gewesen sei, da die klassische kollektive Verwertung und die Online-Verwertung unterschiedlichen Regeln folgen. Wir glauben, dass das IGE hier seine Kompetenzen überschritten und die gesetzlichen Regeln in Unkenntnis der täglichen Realitäten der Kollektivverwertung interpretiert hat. Wir warten nun auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.

Diese beiden Rechtsstreitigkeiten werfen in der Tat eine wichtige Frage auf: Wie weit kann die SUISA gehen, wenn sie in einigen Bereichen ihren Pflichten als Monopolgesellschaft nachkommen soll, sich jedoch in anderen Bereichen den Realitäten eines liberalisierten Marktes stellen muss? Hier besteht die Notwendigkeit, dass die Aufsichtsbehörde uns eine praktikable Antwort liefert. Andernfalls wären die Mitglieder der SUISA die Leidtragenden.

Geschäftsbericht 2021
Der Geschäftsbericht 2021 enthält die relevanten Zahlen und Informationen zum Geschäftsjahr 2021 der SUISA Genossenschaft und Gruppe. Informative Artikel beleuchten die Einnahmen, politische Entwicklungen sowie die Tarifverhandlungen im vergangenen Jahr. 2021 war wiederum stark geprägt von der Corona-Pandemie und deren Auswirkungen auf die Musikbranche. Was dies für die Mitglieder und Kunden/innen der SUISA bedeutete, können Sie ebenfalls im Geschäftsbericht 2021 lesen.
www.suisa.ch/geschaeftsbericht

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