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«New York hat mich zu Originalität gezwungen»

«New York hat mich zu Originalität gezwungen»
Neu bei der SUISA: der in Basel lebende Manuel Gagneux von Zeal & Ardor.
Foto: Matthias Willi
Gastbeitrag von Markus Ganz
Der Basler Musiker Manuel Gagneux hat mit dem höchst ungewöhnlichen Stilmix seines Projekts Zeal & Ardor internationales Aufsehen erregt. Vor kurzem ist der schweizerisch-amerikanische Doppelbürger der SUISA beigetreten.

Scheinbar aus dem Nichts tauchte letztes Jahr Zeal & Ardor mit einem Mix aus Gospel, Sklavengesang, Blues und Black Metal auf. Nichts habe dieses Jahr «so eigenartig, unergründlich und wundervoll» geklungen wie «Devil Is Fine» von Zeal and Ardor, schrieb das renommierte amerikanische Magazin Rolling Stone unter dem Titel «Best Metal Records of 2016 So Far». Nun wird dieses Album offiziell weltweit veröffentlicht und bald auch international live vorgestellt.

Breite stilistische Einflüsse

Aus dem Nichts kam dieses Soloprojekt von Manuel Gagneux aber nicht. Dieser wuchs in einem musikalischen Haus in Basel auf, in dem stets ein Piano zum Klimpern einlud, wie sich der 28-Jährige beim Interview in seinem kühlen und düsteren Übungskeller in Kleinbasel erinnert. Die Mutter ist eine afroamerikanische Sängerin, der Schweizer Vater spielt seit vielen Jahren Perkussion in der Salsa-Formation Picason und in der Funk-Band Grand Mother’s Funck.

Sie schickten den Sohn in den Saxofon-Unterricht, doch mit diesem Instrument konnte Manuel Gagneux nichts anfangen. Mit 15 begann er Gitarre zu spielen, weil er Rock und Metal liebte – und immer noch liebt. Bald auch Black Metal, «weil es damals die extremste Musik war», wie er lachend gesteht. «Natürlich weiss ich längst, dass am Black Metal vieles fragwürdig ist.»

Herausforderung gesucht

Manuel Gagneux bewies bereits mit den drei erstaunlich vielseitigen und poppigen Alben seines Soloprojekts Birdmask, dass er sich stilistisch nicht eingrenzen lassen will. Diese entstanden grösstenteils in New York, wohin er 2012 gezogen war, weil er in der Basler Musikszene zu wenig Herausforderung fand. «Wenn man in New York etwas macht, kann man sicher sein, dass es jemanden gibt, der dies besser macht. Das fordert einen eine gewisse Demut ab, hat mich aber auch zu Originalität gezwungen, was ich schätzte.»

Auf der Suche nach einem neuen kreativen Ansatz ging er auch ungewöhnliche Wege. Er postete im Internet-Forum 4chan die Frage nach zwei unvereinbaren Musikstilen, die er dann im Sinn einer Übung in einer halben Stunde in einem Song kombinieren würde. Jemand antwortete «Black Metal and nigger music», was Manuel Gagneux mit seiner afroamerikanischen Mutter zwar nicht lustig, aber musikalisch anregend fand.

Unvereinbares zusammenbringen

Also begab sich der Sänger und Multiinstrumentalist auf die Suche nach ursprünglichem Material der Black Music und wurde vor allem im Online-Archiv des amerikanischen Ethnologen Alan Lomax fündig. Er liess sich beispielsweise von den Liedern der Sklaven auf den Feldern inspirieren und sang Teile davon abgewandelt nach, kombinierte sie mit Metal-Riffs und setzte auf drei Songs auch elektronische Sounds ein.

Durch Trial & Error habe er die unterschiedlichen Elemente zusammengebracht, erzählt Manuel Gagneux. «Die ersten Songs gerieten schrecklich», erinnert er sich und verdreht die Augen. «Aber irgendwann merkte ich, dass ich die Stücke am besten mit Spiritual music eröffne, weil diese einladend wirkt: Man will mitwippen, mitmachen. Die Metal music hingegen kann man als Faust ins Gesicht verstehen, und damit kann man der Musik dann enormen Schub verleihen.»

Aus Soloprojekt wird eine Band

Manuel Gagneux spielte alles selbst ein, einzig die Drums sind programmiert, «weil ich kein begnadeter Schlagzeuger bin». Er nahm auch alles selbst mit dem Laptop und «einem einfachen Mikrofon» auf und mischte es. «Ich habe nur schlechtes Equipment benutzt», meint er lachend, «aber das war auch ein Vorteil».

Was er damit wohl meint: Die Aufnahmen klingen wahrlich nicht perfekt, doch erhöht das auch die Authentizität. Um die Songs auf der kommenden Tournee packend darbieten zu können, hat er nun mit fünf Musikern eine Band zusammengestellt, für die er bereits neues Material schreibt – das Album ist ja nur 25 Minuten lang.

«Man kommt nicht darum herum»

Bevor die Karriere richtig losgeht, hat sich Manuel Gagneux noch bei der SUISA angemeldet. Schon früh hätten ihm seine Eltern gesagt, er müsse unbedingt Mitglied werden. «Ich habe das früher belächelt. Und ich stand der SUISA ambivalent gegenüber, weil mir einige Bands erzählt haben, dass sie nicht gebucht würden von Klubs, wenn sie SUISA-Abgaben bezahlen müssen.»

Nun habe ihm aber sein Manager David Burger von ReeImusic die Mitgliedschaft ans Herz gelegt, weil man nicht darum herumkomme. Er macht sich noch keine Vorstellungen davon, was ihm das konkret bringen kann. «Ich bin Neumitglied und habe deshalb keine Ahnung, was ich erwarten kann.»

Tournee-Daten in der Schweiz und Umgebung:
14. April 2017 Czar Fest Basel, 3. Mai 2017 Magnolia Milano, 4. Mai 2017 Usine Genf; zudem sind im Sommer Festival-Auftritte geplant.

www.zealandardor.com, offizielle Website von Zeal & Ardor

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